Die Niflungen und Giukungen

Es wird erzählt, daß drei der Asen ausfuhren, die Welt kennen zu lernen: Odhin, Loki und Hönir. Sie kamen zu einem Fluß und gingen an ihm entlang bis zu einem Waßerfall, und bei dem Waßerfall war ein Otter, der hatte einen Lachs darin gefangen und aß blinzelnd. Da hob Loki einen Stein auf und warf nach dem Otter und traf ihn am Kopf. Da rühmte Loki seine Jagd, daß er mit Einem Wurf Otter und Lachs erjagt habe. Darauf nahmen sie den Lachs und den Otter mit sich. Sie kamen zu einem Gehöfte und traten hinein, und der Bauer, der es bewohnte, hieß Hreidmar, und war ein gewaltiger Mann und sehr zauberkundig. Da baten die Asen um die Nachtherberge, und sagten, sie hätten Mundvorrath bei sich und zeigten dem Bauern ihre Beute. Als aber Hreidmar den Otter sah, rief er seine Söhne Fafnir und Regin herbei, und sagte, ihr Bruder Otr wär erschlagen, und auch, wer es gethan hätte. Da ging der Vater mit den Söhnen auf die Asen los, griffen und banden sie, und sagten, der Otter wäre Hreidmars Sohn gewesen. Die Asen boten Lösegeld so viel als Hreidmar selbst verlangen würde, und ward das zwischen ihnen vertragen und mit Eiden bekräftigt. Da ward der Otter abgezogen und Hreidmar nahm den Balg und sagte, sie sollten den Balg mit rothem Golde füllen, und ebenso von außen hüllen, und damit sollten sie Frieden kaufen. Da sandte Odhin den Loki nach Schwarzalfenheim und kam zu dem Zwerge, der Andwari hieß und ein Fisch im Waßer war. Loki griff ihn mit den Händen und heischte von ihm zum Lösegeld alles Gold, das er in seinem Felsen hatte. Und als sie in den Felsen kamen, trug der Zwerg alles Gold hervor, das er hatte, und war das ein gar großes Gut. Da verbarg der Zwerg unter seiner Hand einen kleinen Goldring: Loki sah es und gebot ihm, den Ring herzugeben. Der Zwerg bat, ihm den Ring nicht abzunehmen, weil er mit dem Ringe, wenn er ihn behielte, sein Gold wieder vermehren könne. Aber Loki sagte, er solle nicht einen Pfennig übrig behalten, nahm ihm den Ring und ging hinaus. Da sagte der Zwerg, der Ring solle Jedem, der ihn besäße, das Leben kosten. Loki versetzte, das sei ihm ganz recht und es solle gehalten werden nach seiner Voraussage; er werde es aber dem schon zu wißen thun, der ihn künftig besitzen solle. Da fuhr er zurück zu Hreidmars Hause und zeigte Odhin das Gold, und als er den Ring sah, schien er ihm schön; er nahm ihn vom Haufen und gab das übrige Gold dem Hreidmar. Da füllte er den Otterbalg so dicht er konnte und richtete ihn auf als er voll war. Da ging Odhin hinzu und sollte ihn mit dem Golde hüllen. Als er das gethan hatte, sprach er zu Hreidmar, er solle zusehen ob der Balg gehörig gehüllt sei. Hreidmar ging hin und sah genau zu, und fand ein einziges Barthaar und gebot auch das zu hüllen, denn sonst war ihr Vertrag gebrochen. Da zog Odhin den Ring hervor, hüllte das Barthaar, und sagte, hiemit habe er sich nun der Otterbuße entledigt. Und als Odhin seinen Sper genommen hatte, und Loki seine Schuhe, daß sie sich nicht mehr fürchten durften, da sprach Loki, es sollte dabei bleiben, was Andwari gesagt hatte, daß der Ring und das Gold dem Besitzer das Leben kosten solle, und so geschah es seitdem. Darum heißt das Gold Otterbuße und der Asen Nothgeld.

Als Hreidmar das Gold zur Sohnesbuße empfangen hatte, verlangten Fafnir und Regin ihren Theil davon zur Brudersbuße; aber Hreidmar gönnte ihnen nicht einen Pfennig davon. Da kamen die Brüder überein, ihren Vater des Goldes wegen zu tödten. Als das geschehen war, verlangte Regin, daß Fafnir das Gold zur Hälfte mit ihm theilen sollte. Fafnir antwortete, es sei wenig Hoffnung, daß er das Gold mit seinem Bruder theilen werde, da er seinen Vater um das Gold erschlagen habe, und gebot ihm, sich fortzumachen, denn sonst würde es ihm ergehen, wie dem Hreidmar. Fafnir hatte das Schwert Hrotti und den Helm, den Hreidmar beseßen hatte, genommen, und den auf sein Haupt gesetzt. Dieser Helm hieß Ögishelm und war allen Lebendigen ein Schrecken zu schauen. Regin hatte das Schwert, das Refil hieß: damit entfloh er; Fafnir fuhr auf die Gnitahaide, machte sich da ein Bette, nahm Schlangengestalt an und lag auf dem Golde.

Da fuhr Regin zu Hialprek, König in Thiodi, und ward dessen Schmied; auch übernahm er die Pflege Sigurds, des Sohnes Sigmunds, des Sohnes Wölsungs. Seine Mutter war Hjordis, König Eilimis Tochter. Sigurd war der gewaltigste aller Heerkönige nach Geschlecht, Kraft und Sinn. Regin sagte ihm davon, daß Fafnir dort auf dem Golde läge, und reizte ihn, sich des Goldes zu bemächtigen. Da machte Regin ein Schwert, das Gram hieß, und so scharf war, daß als es Sigurd in fließendes Waßer hielt, es eine Wollflocke zerschnitt, die der Strom gegen seine Schärfe trieb; demnächst klobte Sigurd mit dem Schwerte Regins Amboß bis auf den Untersatz entzwei. Darauf fuhr Sigurd mit Regin zur Gnitahaide. Da grub Sigurd eine Grube auf Fafnirs Wege und setzte sich hinein. Als nun Fafnir zum Waßer kroch und über die Grube kam, da durchbohrte ihn Sigurd mit dem Schwerte und war das sein Tod. Da ging Regin hinzu und sagte, er hätte seinen Bruder getödtet, und verlangte das zur Sühne, daß er Fafnirs Herz nähme und am Feuer briete. Dann kniete Regin nieder, trank Fafnirs Blut und legte sich schlafen. Als aber Sigurd das Herz briet und dachte es wäre gar, und mit dem Finger versuchte, ob es weich genug wäre, und das Fett aus dem Herzen ihm an den Finger kam, verbrannte er sich, und steckte den Finger in den Mund. Und als das Herzblut ihm auf die Zunge kam, verstand er die Sprache der Vögel und wuste was die Adlerinnen sagten, die auf den Bäumen saßen. Da sprach Eine:

Dort sitzt Sigurd blutbespritzt
Und brät am Feuer Fafnirs Herz.
Klug däuchte mich der Ringverderber,
Wenn er das leuchtende Lebensfleisch äße.

Eine andere sagte:

Da liegt nun Regin und geht zu Rath
Wie er triege den Mann, der ihm vertraut;
Sinnt in der Bosheit auf falsche Beschuldigung:
Der Unheilschmied brütet dem Bruder Rache.

Da ging Sigurd zu Regin und erschlug ihn, und dann zu seinem Rosse, das Grani hieß, und ritt bis er zu Fafnirs Bette kam, nahm das Gold heraus und band es in zwei Bündeln auf Granis Rücken, stieg dann selber auf und ritt seines Weges. Darum heißt das Gold Fafnirs Bette oder Lager, oder Gnitahaides Staub und Granis Bürde. Da ritt Sigurd bis er ein Haus fand auf einem Berge. Darin schlief ein Weib mit Helm und Brünne bekleidet. Er zog das Schwert und schnitt die Brünne von ihr: da erwachte sie und nannte sich Hilde. Sie hieß Brynhild und war Walküre. Sigurd ritt hinweg und kam zu dem Könige, der Giuki hieß; sein Weib war Grimhild genannt. Seine Kinder waren Gunnar, Högni, Gudrun und Gudny. Gutthorm war Giukis Stiefsohn. Sigurd weilte da lange Zeit. Da freite er Gudrun, Giukis Tochter; und Gunnar und Högni schwuren Brüderschaft mit Sigurd. Darauf fuhr Sigurd mit Giukis Söhnen zu Atli, dem Sohne Budlis, um dessen Schwester Brynhild für Gunnar zu bitten. Sie wohnte auf dem Hindaberge und war ihre Burg mit Wafurlogi (waberndem Feuer) umgeben; auch hatte sie das Gelübde gethan, keinen andern Mann zu freien als der es wagte, durch Wafurlogi zu reiten. Da ritt Sigurd mit den Giukungen, die auch Niflungen hießen, den Berg hinan und sollte nun Gunnar durch Wafurlogi reiten. Er hatte das Ross, das Goti hieß; dieß Ross wagte aber nicht in das Feuer zu rennen. Da tauschten Sigurd und Gunnar Gestalt und Namen, denn Grani wollte unter keinem andern Manne gehen als unter Sigurd. Da saß Sigurd auf Grani und ritt durch Wafurlogi. Denselben Abend hielt er Hochzeit mit Brynhild, und als sie zu Bette gingen, zog er das Schwert Gram aus der Scheide und legte es zwischen sie beide. Am Morgen aber, da er aufstand und sich ankleidete, gab er Brynhilden zur Morgengabe den Goldring, den Loki dem Andwari genommen hatte und empfing von ihr einen andern Ring zum Andenken. Alsdann sprang Sigurd auf sein Ross und ritt zu seinen Gesellen. Darauf tauschte er mit Gunnar abermals die Gestalt und Gunnar fuhr mit Brynhild zu König Giuki. Sigurd hatte zwei Kinder mit Gudrun, Sigmund und Swanhild.

Einsmals begab es sich, daß Brynhild und Gudrun zum Waßer gingen, ihre Schleier zu waschen. Als sie nun zum Fluße kamen, watete Brynhild tiefer vom Land in den Strom und sagte, sie wolle das Waßer an ihrem Haupte nicht leiden, das aus Gudruns Haaren rinne, dieweil sie einen hochgemuthern Mann habe. Da ging Gudrun ihr nach in den Fluß und sagte, darum dürfe sie ihren Schleier wohl über ihr im Strom waschen, dieweil sie einen Mann habe, dem weder Gunnar noch ein anderer in der Welt an Kühnheit gleiche, denn er habe Fafnir und Regin erschlagen und beider Erbe gewonnen. Da antwortete Brynhild: Mehr war das werth, daß Gunnar durch Wafurlogi ritt, was Sigurd nicht wagte. Da lachte Gudrun und sprach: Meinst du, Gunnar sei durch Wafurlogi geritten? So meine ich, daß der mit dir zu Bette ging, der mir diesen Goldring gab. Der Ring aber, den du an der Hand hast, und zur Morgengabe empfingst, heißt Antwara-Naut, und glaub ich nicht, daß ihn Gunnar auf Gnitahaide geholt habe. Da schwieg Brynhild und ging heim. Darauf reizte sie Gunnar und Högni, Sigurd zu tödten; aber weil sie dem Sigurd Brüderschaft geschworen hatten, stifteten sie ihren Bruder Gutthorm dazu an. Der durchbohrte Sigurd im Schlafe mit dem Schwerte, und als Sigurd die Wunde empfangen hatte, warf er sein Schwert Gram nach ihm und das schnitt ihn in der Mitte durch. Da fiel Sigurd und sein dreijähriger Sohn Sigmund, den sie auch tödteten. Darauf durchstieß sich Brynhild mit dem Schwert und ward mit Sigurd verbrannt. Aber Gunnar und Högni nahmen da Fafnirs Erbe und Andwaranaut und beherschten nun die Lande.

König Atli, Budlis Sohn, Brynhildens Bruder, nahm da Gudrun zur Ehe, die Sigurd gehabt hatte, und gewannen sie Kinder. König Atli lud Gunnar und Högni zu sich und diese fuhren zu seinem Gastgebot. Eh sie aber von Hause fuhren, verbargen sie das Gold, Fafnirs Erbe, im Rhein, und ward dieß Gold niemals seitdem gefunden. Aber König Atli hatte ein Heer versammelt, womit er Gunnar und Högni überfiel. Sie wurden gefangen genommen und König Atli ließ dem Högni das Herz lebendig ausschneiden und war das sein Tod. Gunnarn ließ er in den Schlangenhof werfen; aber heimlich ward ihm eine Harfe gebracht, die er mit den Zehen schlug, weil ihm die Hände gebunden waren, daß alle Schlangen einschliefen bis auf eine Natter, die gegen ihn lief und ihn in die Brust biß, und dann den Kopf in die Wunde steckte und sich an seine Leber hing bis er todt war. Gunnar und Högni wurden Niflungen genannt oder Giukungen: darum heißt das Gold der Niflungen Hort oder Erbe. Bald darauf tödtete Gudrun ihre beiden Söhne und ließ aus ihren Schädeln mit Gold und Silber Trinkgeschirre machen. Darauf ward der Niflungen Leichenfeier begangen. Bei diesem Gelage ließ Gudrun dem König Atli in diese Trinkgeschirre Meth schenken, der mit dem Blut der Jünglinge gemischt war; ihre Herzen aber ließ sie braten und gab sie dem Könige zu eßen. Und als das geschehen war, sagte sie es ihm selbst mit vielen unholden Worten. Es fehlte da nicht an kräftigem Meth, so daß die meisten Leute schliefen, die da saßen. In der Nacht aber ging sie zu dem König, als er entschlafen war, und mit ihr Högnis Sohn. Sie tödteten ihn und also ließ er das Leben. Darauf warfen sie Feuer in die Halle und verbrannten alles Volk, das darinne war. Dann ging sie an die See und sprang ins Meer, und wollte sich ertränken. Aber sie ward über die Bucht getragen und kam an das Land, das König Jonakur besaß. Und als der sie sah, nahm er sie zu sich und vermählte sich mit ihr. Sie hatten drei Söhne mit Namen Sörli, Hamdir und Erp. Sie waren alle rabenschwarz von Farbe des Haars, wie Gunnar und Högni und die andern Niflungen.

Bei ihnen ward Swanhild, Sigurds Tochter, erzogen, die aller Frauen Schönste war. Das erfuhr der König Jörmunrek der reiche: da sandte er seinen Sohn Randwer, sie ihm zu werben. Und als er zu Jonakur kam, ward ihm Swanhild übergeben, daß er sie dem König Jörmunrek brächte. Da sagte Bicki, es gezieme sich beßer, daß Randwer Swanhild nähme, denn Er wäre jung und sie auch; Jörmunrek aber alt. Dieser Rath gefiel ihnen wohl als jungen Leuten. Darauf verrieth Bicki dieß dem Könige: da ließ Jörmunrek seinen Sohn greifen und zum Galgen führen. Da nahm Randwer seinen Habicht, rupfte ihm die Federn aus, und bat, ihn seinem Vater zu senden. Darauf ward er gehängt. Als aber König Jörmunrek den Habicht sah, da kam ihm in den Sinn, wie der Habicht flug- und federlos sei, so sei auch sein Reich ohne Bestand, denn er sei alt und sohnlos. Da ließ König Jörmunrek, als er mit seinem Gefolge aus dem Wald von der Jagd geritten kam, und die Königin Swanhild beim Haarwaschen saß, über sie reiten und sie unter den Hufen der Rosse zu Tode treten. Als aber Gudrun dieß erfuhr, reizte sie ihre Söhne, den Tod Swanhildens zu rächen. Und als sie sich reisefertig machten, gab sie ihnen Brünnen und Helme von solcher Stärke, daß kein Eisen daran haften mochte. Auch gab sie ihnen den Rath, wenn sie zu König Jörmunrek kämen, sollten sie des Nachts, wenn er schliefe, zu ihm gehen, und sollten Sörli und Hamdir ihm Hände und Füße abhauen, aber Erp das Haupt. Als sie aber unterwegs waren, fragten sie den Erp, wie er ihnen beistehen wolle, wenn sie König Jörmunrek träfen. Er antwortete, er wolle ihnen helfen wie die Hand dem Fuße. Da sagten sie, die Füße hätten an den Händen keine Stützen. Sie waren ihrer Mutter erzürnt, weil diese sie mit harten Worten zu der Fahrt angetrieben hatte: darum gedachten sie zu thun was ihr am übelsten gefiele und tödteten Erp, weil sie den am Meisten liebte. Bald darauf strauchelte Sörli beim Gehen mit Einem Fuße und stützte sich mit den Händen. Da sprach er: Nun half die Hand dem Fuße: beßer wäre es, wenn Erp lebte. Als sie aber zu König Jörmunrek kamen des Nachts da er schlief, und ihm Arme und Füße abhieben, da erwachte er und rief seinen Leuten und hieß sie aufstehen. Da sprach Hamdir: Nun müste auch der Kopf ab, wenn Erp lebte. Da standen die Hofmänner auf und griffen sie an, konnten sie aber mit Waffen nicht bezwingen. Da rief Jörmunrek, sie sollten sie mit Steinen zu Tode werfen. Das geschah: da fielen Sörli und Hamdir. Und nun war Giukis Geschlecht und ganze Nachkommenschaft todt.

Von Sigurd lebte noch eine Tochter, die Aslaug hieß und bei Heimir in Hlindalir erzogen worden war. Von ihr stammen mächtige Geschlechter. Es wird auch gesagt, Sigmund, Wölsungs Sohn, sei so stark gewesen, daß er Gift trank ohne daß es ihm schadete, und seine Söhne Sinfiötli und Sigurd waren so hart von Haut, daß kein Gift ihnen schadete, das von außen an sie kam.